Oberösterreich als Land der Knödel und Bratl in der Rein mag die erste Etappe einer kulinarischen Reise sein, sie ist aber mit Sicherheit nicht die Letzte. Mit den lokalen Spezialitäten aus Traunviertel, Innviertel, Hausruckviertel und Mühlviertel kann sich Oberösterreich - zumindest kulinarisch gesehen - mit allem, was gut ist, selbst versorgen. Begeben Sie sich mit dem GENUSS.MAGAZIN auf die Tour de Oberösterreich. Auf die Plätze, fertig, los.
ERSTE ETAPPE:
OBERÖSTERREICHS KLASSIKER
Das Land ob der Enns gilt als wahres Knödelreich. Ursprünglich war der Knödel eine Methode der Resteverwertung. Blieb vom sonntäglichen Festmahl Brot übrig, wurden am Montag, dem Knödeltag, die kugelrunden Leckereien daraus geformt. Eine besondere Spezialität ist der Innviertler Surspeckknödel. Der Rückenspeck von bis zu 400 Kilogramm schweren Schweinen wird mit Kochsalz, Knoblauch und weiteren Gewürzen etwa sechs Wochen lang gesurt, bevor er unter anderem als Fülle für die berühmten Knödel dient.
Eine etwas deftigere Variante, die mit Sicherheit groß und stark macht, sind Speckknödel aus Erdäpfelteig, die mit Rahm und Eiern übergossen und anschließend gebacken werden. Etwas kalorienärmer und dennoch sättigend sind Mehlknödel, die tatsächlich nur aus Mehl, Wasser, Öl und etwas Salz bestehen. Im Mühlviertel wird dafür gerne das schwarze Mehl, also Roggenmehl, verwendet. Diese schwarzen Knödel, beziehungsweise "staubadö Knoan", gelten als besonders nahrhaft. Wie sagt schon das alte Sprichwort: "Wer keinen Knödel isst, hat den ganzen Tag Hunger".
Das kann bei all diesen Varianten nicht passieren. Immerhin finden sich in alten oberösterreichischen Kochbüchern Raritäten wie Brandknödel, braune Grießknödel, sunndörrte Knod’n, Einmachknödel, eingesetzte Knödel, Selchknödel oder gebackene Reisknödel. Aber auch die oberösterreichische Festtagsspeise hat es in sich. Das traditionelle Bratl in der Rein, ein Schweinsbraten mit knuspriger Schwarte, wird - abgesehen vom Knödel natürlich - von Stöcklkraut begleitet. Dafür wird ein ganzer Weißkrautkopf geviertelt, blanchiert und gemeinsam mit dem Bratl in der Rein geschmort. Ein Gericht, das seine Kalorien allemal wert ist. Eher etwas für Liebhaber ist allerdings der Leberbunkel. Bunkel heißt ja eigentlich Kuchen, damit hat diese Spezialität aus dem Hausruckviertel allerdings nur die Form gemein.
Vielmehr handelt es sich hier um einen faschierten Leberbraten, der im eigenen Saft geschmort wird. Und noch eine kleine Begriffsverwirrung: Eine Oarfischsuppe besteht aus Buttermilch sowie pochierten Eiern und hat keine Fische gesehen. Die erwarten uns allerdings auf der nächsten Etappe.
ZWEITE ETAPPE:
STECKERLFISCH VERSUS STANGLFISCH
Kaum ein oberösterreichisches Genussprodukt sorgt für solch hitzige Diskussionen wie der Steckerlfisch, beziehungsweise der Stanglfisch. Denn da fangen die Meinungsunterschiede schon an. Doch zurück zum Anfang. Traditionell ist der Steckerlfisch ein kleiner Weißfisch, also beispielsweise eine Brachse, Barbe oder Aitel.
Der Ferrari unter den Steckerlfischen ist allerdings der Riedling, eine Unterart der Reinanke, die ausschließlich im Traunsee beheimatet ist. Die besondere Zubereitungsart machen die Eigenschaften der Fische notwendig, denn sie sind erstens recht klein (etwa 20 Zentimeter) und zweitens voller Gräten. Um sich am schmackhaften Fleisch laben zu können, ohne gröbere Erstickungsanfälle zu erleiden, werden die Fische geschröpft - Erklärung für die Nicht-Fischer: In kleinen Abständen tief eingeschnitten. Dann geht es, von einem Steckerl durchbohrt, Bauch-unten über die glühende Holzkohle.
Man darf sich übrigens nicht wundern, wenn einem der fertig gegarte Fisch ganz unprätentiös auf Zeitungspapier zusammen mit einer Scheibe Brot und einer Plastikgabel serviert wird. Denn das ist der einzig richtige Weg, diese Köstlichkeit zu genießen. Keinesfalls richtig ist es jedoch, Makrelen oder sonstiges, nicht einmal annähernd heimisches Getier als Steckerlfisch zu verkaufen. Nach jahrelangem Missbrauch in anderen Bundesländern, aber auch im eigenen, erkennt man alteingesessene Betreiber daran, dass sie mit Stanglfisch werben, um sich deutlich von Makrele & Co abzugrenzen.
DRITTE ETAPPE:
MOST, BIER & HOCHPROZENTIGES
Schmotzbirn und Breitarschling sind nicht etwa besonders derbe oberösterreichische Schimpfwörter, sondern der Stoff, aus dem das Grundnahrungsmittel der Oberösterreicher gemacht wird:
Der Most. Der Liebe zum typischen Mischmost aus Apfel und Birne verdanken die Oberösterreicher auch ihren Spitznamen "Mostschädl", den sie mitunter sogar mit Stolz tragen. Hirschbirne, Pichelbirne und Braeburn Apfel stammen von den zusammen 12.000 Hektar großen Streuobstwiesen, derer sich auch die zahlreichen Brenner des Landes mit Freude bedienen. Die lokalen Edelbrenner gehören zu den besten ihres Fachs, mehr als 1.000 Medaillen wurden ihnen in den letzten Jahren für ihre Produkte verliehen.
Neben Williams Birne, Marille, Zwetschke, Kirsche, Vogelbeere und Dirndln werden vor allem die alten Obstsorten wieder entdeckt. Somit dient das Schnapsbrennen der Erhaltung der oberösterreichischen Kulturlandschaft. Ebenso prägend für die Landschaft zeigt sich der oberösterreichische Hopfen, der vornehmlich im Mühlviertel angebaut wird.
Die idealen klimatischen Bedingungen lassen den Hopfen hier besonders aromatisch gedeihen und sorgen für Geschmack, Schaumbildung und Haltbarkeit nicht nur der lokalen Bierspezialitäten. Auch Hopfentee, Hopfenbrot und sogar Hopfenschnaps sind einen Versuch wert. Auch an anderer Stelle möchte sich Oberösterreich wieder profilieren. Schon zur Zeit der Kelten wurde hier Wein angebaut - bis ins 19. Jahrhundert hinein. Freilich war der Ruf dieser Weine nie der allerbeste, die letzten Rieden wurden durch die Fortschritte in Bierbrauerei und Obstveredelung verdrängt. Eine Handvoll Winzer traut sich nun wieder. Man darf gespannt sein.
VIERTE ETAPPE:
SÜSSES OBERÖSTERREICH
Wir befinden uns auf der Zielgeraden unserer Tour. Auch Süßes hat in Oberösterreich Tradition. Das auf das 17. Jahrhundert datierte älteste Tortenrezept der Welt beschreibt die Herstellung für die Linzer Torte.
Das Geheimnis dieser Mürbteigtorte besteht im besonders hohen Anteil an Haselnüssen sowie Ribiselmarmelade, Mandelplättchen und das unverwechselbare Gittermuster. Ähnlich in der Rezeptur und für den schnellen Genuss zwischendurch noch besser geeignet ist das Linzer Auge.
Der Mürbteigkeks zeigt durch drei charakteristische Augen sein fruchtiges Inneres. Und was tut sich sonst an der Nachspeisenfront? Richtig geraten: Knödel, Knödel und noch mal Knödel. Mit Zwetschkenfülle, Marillen, Topfen,
Adressen
BACHHALM
Hier handelt es sich um mehr als nur eine Konditorei. Denn aus Kirchdorf kommen Oberösterreichs kreativste Schokoladen. Handgeschöpft und versehen mit Aromaten wie Ingwer, Weihrauch oder rosa Pfeffer überraschen sie selbst abgebrühteste Schleckermäuler. Wer sich durch die 45 Sorten gekostet hat, kann immer noch auf die hauseigenen Speiseeis- oder Trüffelkreationen ausweichen. 4560 Kirchdorf, Hauptplatz 1
Tel.: 07582/620 66-0, www.bachhalm.at
BÄCKEREI GRAGGER
Helmut Gragger’s Holzofenbrot hat sich längst über die Grenzen Oberösterreichs hinaus verbreitet. Dabei hat der Bio-Betrieb lediglich 30 Mitarbeiter und drei Öfen. Hier hat man die Wahl zwischen Vollkornbrot, Olivenciabatta und Ribiselkipferl. Eine Genusswelt, die ohne Fertigmischungen, Backtriebmittel oder Industriezucker auskommt.
4052 Ansfelden, Traunuferstraße 130
Tel.: 07229/873 40
BRAUEREI HOFSTETTEN
Ob bernsteinfarbenes Granitbier, naturtrübes Kübelbier, fruchtiges Kürbisbier, gaumenschmeichelndes Honigbier oder gar das Starkbier Sündenbock - hier schlägt das Herz eines jeden Bierliebhabers höher. Das natürliche Mühlviertler Quellwasser dient als bester Geschmacksträger. Die formschönen Flaschen und Etiketten sind dann noch eine besondere Draufgabe.
4113 St. Martin, Adsdorf 5
Tel.: 07232/22 04-11, www.hofstetten.at
MALZNERHOF
Der Edelbrenner Josef Hochmair aus Wallern destilliert mehr als 50 verschiedene Brände. Neben alten Obstsorten kommen auch Exoten wie Mango, Ingwer oder Mandarine in den Brennkessel. Im hauseigenen Hofladen sind zudem Liköre, Essige und Säfte aus eigener Produktion zu erwerben. Auch Seminare wie beispielsweise Wildkräuterwanderungen werden angeboten.
4702 Wallern, Mauer 2
Tel.: 07249/487 65, www.malznerhof.at
STIFTKÄSEREI SCHLIERBACH
Das Zisterzienserstift hat sich auf oberflächengereifte Käse mit Rotkultur spezialisiert. Besonders der Schlierbacher Schlosskäse ist Käsegenießern ein Begriff. Besonderheiten wie geräucherte sowie mit Schnaps affinierte Käse runden das Angebot ab. Interessierte können die einzelnen Produktionsschritte in der Schaukäserei verfolgen.
4553 Schlierbach, Klosterstraße 1
Tel.: 07582/830 13-0, www.stift-schlierbach.at
Aus dem GENUSS.MAGAZIN Ausgabe I/09