Ka G'frett mit dem Speck

Ein Artikel von Andrea Sturm | 25.01.2021 - 14:42
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© Herbert Lehmann

Was Asketen kalte Schauer über den Rücken treibt, lässt Genießern das Wasser im Mund zusammen­laufen: Der Rückenspeck vom Schwein, in seiner edlen Form als Lardo oder in heimischen Gefilden als Innviertler Surspeck beziehungsweise Kübelspeck zubereitet, ist ein ganz besonderes Gustostückerl. Das GENUSS.Magazin hat
19 Kandidaten verkostet.

Früher als unverzichtbares Frühstück für das Verrichten harter körperlicher Arbeit betrachtet, gerieten die Speckspezialitäten zwischendurch in Verruf. Mit dem Focus auf Gesundheit schien es, als würde purer Speck für alle Zeiten vom Speisezettel verschwinden, doch da hatten Feinschmecker etwas dagegen. Mittlerweile ist der Lardo wie seine internationalen Verwandten auf die Tische zurückgekehrt, wenn auch als kleines Gustostückerl, nicht als Hauptgang.

Puristen essen das „Weiße Gold“ zur Jause auf einem Stück Brot. Als Zutat findet sich der Innviertler Speck aber auch im Inneren der beliebten Speckknödel, sein italienischstämmiger Verwandter, der Lardo, verfeinert Spaghetti-Saucen, Suppen oder Polenta. Auch als gschmackiges Accessoire auf dem Salat wurden beide schon gesichtet.

Edles mit antiken Wurzeln

Salz war das erste bekannte Mittel, um Fleisch und Fleischprodukte haltbar zu machen, und so reichen auch die Wurzeln der Lardo-Herstellung weit zurück. Die ersten Erwähnungen stammen aus der Spätantike. Heute ist „Lardo di Colonnata“ eine geschützte geografische Angabe (g.g.A.) für den besonderen Speck aus den Regionen Toskana, Emilia-Romagna, Venetien, Friaul, Lombardei, Piemont, Umbrien, Marken, Latium und Molise, Lardo ohne geografische Bezeichnung darf aber auch anderswo hergestellt werden.
Der „Lardo di Colonnata“ reift in speziellen Behältern, den „Concas“ aus Carrara-Marmor. Ob der Behälter aber eine große Rolle beim Geschmack spielt, darf bezweifelt werden. Wichtig ist nur, dass der Speck gut eingesalzen und mit feinen Gewürzen und Kräutern versehen ausreichend beschwert in der eigenen Lake reifen kann, ohne dass Luft dazwischenkommt, die zum Verderb führen könnte.
Die Gefäße sind heute andere, aber immer noch dauert es sechs Monate lang, bis die italienische Spezialität die ideale Konsistenz und ihren einzigartigen Geschmack erreicht hat. Die Schweinerasse ist nicht vorgegeben, doch gelten die Fettstücke von Rassen wie Mangalitza oder Turopolje unter Feinschmeckern als besonders geeignet. Die Würze bleibt in jedem Fall der Fantasie des Herstellers überlassen. Üblich sind neben dem grundlegenden Salz auch Knoblauch, schwarzer Pfeffer und Kräuter wie Rosmarin, Oregano oder Salbei.

Heimisches Schmankerl

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© Herbert Lehmann

Auch hierzulande ist die kulinarische Einheit von Salz und Speck keine Neuheit. Als besonderes Schmankerl gilt dabei der Innviertler Surspeck, auch Kübelspeck genannt. Erstmals schriftlich erwähnt wurde der zwar erst 1807 vom österreichischen Autor Josef Blau, aber da bereits als bekannte oberösterreichische Spezialität.
Als Kulinarisches Erbe Österreichs hat er es zu einer eigenen Genussregion gebracht. Auch dafür ist keine Schweinerasse vorgegeben, dennoch gilt der Mangalitza-Speck als Königsklasse.
Mehr noch als für andere Spezialitäten spielt jedoch die Fütterung eine große Rolle. Milch, Gerste und Roggen begünstigen die Ausbildung von hochwertigem Speck, wohingegen Mais ein zu weiches und oxidationsanfälliges Fettgewebe produziert. Die Reifung erfolgt wie bei Lardo mit Salz und in der eigenen Lake.
Die ursprüngliche Herstellung in Holzkübeln oder Fässern – daher der Begriff Kübelspeck – ist heute aus hygienischen Gründen nicht mehr üblich, die Reifung erfolgt in Stahl- oder Plastikgefäßen. Der Innviertler Surspeck reift mindestens sechs Wochen, darf aber auch länger. Gewürzt wird auch hier nach Geschmack des Produzenten, traditionell mit Knoblauch, Wacholder und Lorbeer. Doch auch hierzulande sieht man mittlerweile häufig italienische oder provenzalische Kräuter, und auch individuelle Ideen mit Kardamom, Estragon oder Vanille fanden sich unter unseren Kandidaten.
In unserem Teilnehmerfeld waren sowohl klassische Exemplare beider Herkunftsformen als auch Mischformen und leichte Abweichungen, etwa sanft geräucherte Stücke, vertreten.

Den Besten auf der Spur

Nach einer Einführung in die Charakteristik der Produkte und einer sensorischen Einleitung von Profi-Sensoriker Manfred Winkler näherte sich die Jury dem Teilnehmerfeld. Jedes Stück Speck wurde optisch und haptisch erkundet, bevor es über die Nase seinen Duft und schließlich am Gaumen seinen Schmelz und den Geschmack entfalten durfte. Schließlich standen die Sieger fest: Bio-„Weißes Gold“ nach Lardo Art von Roman Schober  aus Gars am Kamp überzeugte bereits optisch durch seine schöne Kräuterauflage, die sich auch im Duft durchsetzte. Cremig und mit Aromen von Kräutern, Estragon und Vanille, perfekt abgestimmt mit dem Salz, zeigte das Siegerexemplar fantastischen Schmelz und blieb mit langem Abgang in Erinnerung.

Der geteilte erste Platz ging an den Surspeck von Franz Graf aus dem oberösterreichischen Munderfing. Er punktete mit dichtem Knoblauch in der Nase, Kümmelnoten am Gaumen und harmonisch eingebundenen Gewürzen mit Salz in Begleitung.

Dritter auf dem Stockerl war der Bio-Mangalitza-Lardo von Walter Oberhuemer aus Braunau am Inn. Dieser Speck erfreute mit seinem rosig-weißen Anblick bei kräftigem Biss, aber zartem Schmelz am Gaumen. Sanfter Rauch und milde Würzaromen von Koriander, Paprika und Pfeffer in Harmonie mit dem Salz sorgten für die gute Benotung.

Insgesamt bleiben die Bewertungen hoch: Der wertvolle Speck war bei allen Teilnehmern gut behandelt worden. Unharmonische Würzung oder ein zu tiefer Griff ins Salzfass führte am anderen Ende des Feldes zu Punkteabzügen, doch das Feld blieb insgesamt über der Durchschnittsnote drei. Der Biss in den Speck ist also zwischendurch jedenfalls empfehlenswert.

Die Top-12 der GENUSS.Speckverkostung aus dem GENUSS.Magazin 08/2020 haben wir hier zum Download für Sie.
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Die teilnehmenden Betriebe

Wien
Roman Thum (1230 Wien): Bio-Mangalitza-Lardo, Bio-Mangalitza-Kräuterlardo
Trünkel (1230 Wien): Mangalitzaspeck

Niederösterreich
Roman Schober (Gars am Kamp): Bio-„Weißes Gold“ nach Lardo-Art

Oberösterreich
Feichti’s Bauernspeck (Utzenaich): Surspeck
Franz Edtbauer (Friedburg): Innviertler Surspeck
Franz Graf (Munderfing): Surspeck
Reinhard Hable (Aurolzmünster): Innviertler Kübelspeck
Josef Hauer (Lochen): Surspeck, Kräuter-Surspeck
Stefan Lettner (Altheim): Surspeck
Walter Oberhuemer (Braunau): Bio-Mangalitzalardo
Michael Rosenhammer (Neukirchen an der Enknach): Surspeck
Manfred Sieberer (Pfaffstätt): Bio-Surkübelspeck nach Lardo-Art
Richard Wührer (Maria Schmolln): Surspeck
Erich Zuckerstätter (Schneegattern): Surspeck

Steiermark
Franz Josef Kollar (Deutschlandsberg): Steirischer Lardo vom Schwäbisch-Hällischen

Supermärkte, Diskonter
Spar: TANN-Spar (St. Pölten): Selchspeck
MERKUR: Stastnik (Gerasdorf): Selchspeck mit Schwarte kalt geräuchert

Die GENUSS.Kostjury

Verkostungsorganisation und -leitung: Johannes Rottensteiner, Fleisch-Diplom-Sommelier
Verkoster: DI Manfred Winkler, Sensoriker, Andreas Kermer, Weinsommelier, Herbert Lehmann, Food-Fotograf, Karin Vouk, Biersommelière, Sigrid Huber, Genießerin, Mag. Birgit Kowarik, Weinakademikerin

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