Einfach zum Dahinschmelzen

Ein Artikel von Andrea Sturm | 28.07.2020 - 11:08
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Käsekrainer © Herbert Lehmann

In Ostösterreich liebevoll „Eitrige“ oder „Eiterfinger“ genannt, ist die Käsekrainer immer wieder ein Star der heimischen Würstelkultur. Zwar könnte den einen oder anderen ob dieser regionalen Bezeichnung durchaus das Grausen befallen, doch das Ding an sich ist eine Köstlichkeit. Obwohl die Wurst im Vergleich zu anderen österreichischen Spezialitäten noch recht jung ist, würde ihr Fehlen sowohl am Würstelstand als auch auf dem privaten Grill eine schmerzhafte Lücke entstehen lassen. Wir haben für die aktuelle Grillsaison 28 Sorten in einer Verkostung geprüft.

Benannt nach der slowenischen Landschaft rund um Krain, ist die Original-Krainer auch bei uns verbreitet und beliebt. Mit 70 Prozent Rind- und Schweinefleisch, dazu Speck, Knoblauch und Pfeffer, erfreut sie die Genießer bereits seit Anfang des 20. Jahrhunderts heißgeräuchert, aber völlig käsefrei.

Erst in den 70er-Jahren des vorigen Jahrhunderts fand dann der Käse seinen Weg in die Krainer. Als Erfinder der neuen Köstlichkeit gelten Herbert Schuh und Franz Thalhammer aus Oberösterreich, doch auch in der Steiermark sollen zeitgleich ähnliche Experimente stattgefunden haben. In Wien bezeichnet sich Radatz als Erfinder der käsig-fleischigen Schönheit. 15 bis 20 Prozent Käseanteil geben der Käsekrainer seither den letzten, im Idealfall zartschmelzenden Schliff.

Nach der Verbreitung bis nach Wien kam die junge Wurst, vermutlich spätnachts an einem schlecht beleuchteten Würstelstand, an dem die Käsebläschen noch ein bisschen blasser aussehen als sie sind, zur wenig schmeichelhaften Bezeichnung „Eitrige“ oder „Eiterfinger“. Ortsfremde neigen dazu, bei Erwähnung einen Schritt zurückzutreten und ein entsetztes „Nein, danke“ zu murmeln – schade für sie. Denn der Käse steht der Wurst sehr gut.

Vor ein paar Jahren waren die österreichische Krainer und Käsekrainer allerdings in Gefahr: Slowenien erhob Anspruch auf den Namen, der von der slowenischen Region Krain (Kranjska) her kommt, die als südlich spitzes Dreieck ohne Meer-Zugang an Kärnten und die Steiermark grenzt. Nach langen Verhandlungen konnte 2012 ein Kompromiss erzielt werden: Die „Kranjska Klobasa“ aus Slowenien erhielt das Siegel „geschützte Herkunftsbezeichnung“, doch österreichische Genießer dürfen auch weiterhin ihre Krainer und Käsekrainer unter diesem Namen genießen.

Das beliebteste Grillwürstel

Mittlerweile erfreut sich die spritzfreudige Spezialität im gesamten Bundesgebiet großer Beliebtheit und wird in verschiedenen Regionalformen auch sehr unterschiedlich gewürzt angeboten. Wir haben neun Experten und Feinschmecker zusammengerufen, um zu verkosten, welches Würstel seinen Käse am schmackhaftesten auf den Teller tropfen lässt. Serviert wurden die 28 Probanden aus dem Heißwasser, denn die ebenfalls beliebte Zubereitung auf dem Grill hätte das Ursprungsaroma durch die Röstaromen zu leicht verfälschen können.

Profi-Sensoriker DI Manfred Winkler übernahm die Einführung und erklärte den Ablauf und die Feinheiten der Verkostung. Aussehen, Konsistenz, Geruch und Geschmack der Proben spielen dabei jeweils ihre eigene Rolle, die am Ende des Bisses zu einer Gesamtwertung verschmolzen werden, so wie der Käse mit dem Brät. Bewertet wurde nach dem umgekehrten Schulnotensystem – 5 Punkte als Bestnote, Eins als schlechteste Wertung – mit einer Nachkommastelle.

Eine industrielle Domäne

Nach ausführlichem Beschnuppern, Betasten, Verkosten und nach vielen Käsetröpfchen stand das Ergebnis fest. Am besten schmeckte der Jury die TANN-Käsekrainer, die sich mit ihrem milden Duft nach Rauch und Käse bei gut knackigem Biss und optimaler Käseverteilung besonders cremig an den Gaumen schmiegte. Auch Platz zwei ging an ein TANN-Produkt: Die „Spar Natur*pur“ Bio-Käsekrainer konnte schon in der Optik gut punkten. Viel üppiger Käse mit einer gut abgestimmten Würzung und einem leichten Pfefferl brachte das Bio-Produkt aufs Stockerl. Platz drei teilen sich zwei Teilnehmer. Die „Ich bin Österreich“-Käsekrainer von Penny, hergestellt in der Steiermark von Schirnhofer Wurstwaren, gab sich als dunkle Schönheit etwas kräftiger geräuchert und erfreute vollfleischig den Gaumen bei käsigem Duft und intensivem Raucharoma mit angenehm begleitendem Käse. Punktegleich auf dem dritten Platz landete die einzige jalapeñoscharfe Käsekrainer unter den Teilnehmern, die, um der Jury den Gaumen nicht zu verderben, als letzte an den Start gegangen war. Die scharfe Käsekrainer von Radatz gab sich rustikal mit eher grobem Brät. Gut sichtbarer und zart schmelzender Käse verband sich würzig-scharf mit Paprika und Jalapeños.

Auch hinter dem Stockerl waren noch einige Köstlichkeiten dabei, die Wertung blieb unter den Top 12 durchgehend hoch. Am hinteren Ende des Feldes fehlte es meistens am Käse, dessen geringer Anteil oder zu milder Geschmack am häufigsten zu Punkteabzügen führte. Einfallslose Würzung oder fehlende Harmonie zwischen Rauch und Käse verdarben ebenfalls manchem Produkt den Einzug in die Spitzenklasse.

Insgesamt darf man sich aber auf die Grillsaison mit Käsearoma durchaus freuen. Der Käse wird auch in diesem Jahr gschmackig auf viele Pappteller tropfen.

Alle Infos zu den verkosteten Käsekrainern finden Sie hier zur Ansicht!

Die GENUSS.Jury

DI Manfred Winkler, Sensoriker; DI Wolfgang Wernert, Fleischtechnologiezentrum Hollabrunn; Michael Trünkel, Fleischermeister und Wursterzeuger; Ing. Rudolf Schuch, Produktionsleiter TANN St. Pölten; Herbert Lehmann, Food-Fotograf; Dr. Claudia Nichterl, Ernährungswissenschafterin und Kochbuchautorin; Mag. Birgit Kowarik, Weinakademikerin; Andreas Kermer, Weinsommelier; Ing. Martin Hrdlicka, Genießer; Verkostungsleiter: Johannes Rottensteiner, Ressortleiter Fleisch, GENUSS.Magazin

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