Insgesamt 18 Biker fanden sich Mitte Juni im 4* Hotel Althof Retz ein, um unter der Führung von Chefredakteuer Johannes Rottensteiner drei unbeschwerte Tourtage zu erleben. Genau die Hälfte der Mitfahrer kam heuer aus Deutschland, die beiden weitest Angereisten stammten aus Köln. Respekt!
Los geht’s...
Besuch beim Schinkenkaiser Berger in Sieghartskirchen, der dankenswerter Weise die Tour-T-Shirts sponserte. © Johannes Rottensteiner
Der erste Tag im Telegrammstil liest sich so:
Retz+++Kamptal+++Wagram+++Tulln+++
Sieghartskirchen-Schinken Berger+++Hainfeld+++
Kalte Kuchl+++Gutenstein+++Pernitz+++
Altenmarkt an der Triesting+++Alland+++
Pressbaum+++Tulln+++Hollabrunn+++Retz.
Für Motorradfahrer Strecken zum Zungenschnalzen, keine hohen Berge, aber wunderbare Kurven mit Klassikern für alle Einspurigen. Für das leibliche Wohl, also den kulinarischen Genuss, sorgten zwei Fixpunkte: zum einen der Besuch bei Österreichs größtem Schinkenhersteller Berger in Sieghartskirchen. Mag. Rudolf Berger, also der Chef persönlich, und seine Schwester und Marketing- und Vertriebsleiterin, Mag. Gaby Kritsch, empfingen uns und stellten uns einen Familienbetrieb in stattlicher Größe vor. 500 Mitarbeiter aus 16! Nationen, darunter 11 Fleischermeister und sieben Lehrlinge und mehr als 60 Schinkensorten im Sortiment, viele davon ganzjährig, andere nur saisonal. Das sind beindruckende Fakten, die alle Teilnehmer staunend zur Kenntnis nahmen. Bei einer Schinkenverkostung kamen der Backofenschinken, der Traditions-Beinschinken und der Zitronen-Pfefferschinken am besten an.
Was zeichnet einen perfekten Schinken eigentlich aus, Herr Mag. Berger: „Der Schinken muss von feinem Schlöglfleisch stammen, er sollte saftig und zart am Gaumen sein und ein feines Fleischaroma aufweisen. Je nach Sorte darf er dann halt noch nach der typischen Dekorwürzung schmecken.“ Dem hatten wir nichts hinzuzufügen, außer einem gemeinschaftlichen, herzlichen „Dankeschön“ für das Sponsoring der Tour-T-Shirts in Schwarz mit weißem Aufdruck.
Der Berger-Schinken mundete Fleischermeister Wolfgang Herbst aus Baden Württemberg vortrefflich. © Johannes Rottensteiner
Das angenehme Schinkenaroma auf dem Gaumen gönnten wir unseren flotten Reisegeräten wieder ein wenig Bewegung, ehe wir den Bikertreff schlechthin für alle Motorradfahrer aus Ostösterreich ansteuerten, die Kalte Kuchl. Das Essen reißt einen zwar kulinarisch nicht aus dem Sattel, dafür bietet das Gasthaus aber jene Portion an „Sehen und gesehen werden“, welche den Bedarf an Eitelkeit befriedigt, die einem jeden Biker unbestritten anhaftet.
Kellergassenführung
Ex-Bürgermeister, Lebensmittelkaufmann und Winzer Karl Schwayer (rechts) führte uns durch die Kellergasse. © Johannes Rottensteiner
Der Abend stand dann, der Region entsprechend, ganz im Zeichen des Weines. Winzer, Lebensmittelkaufmann und ex-Bürgermeister von Zellerndorf ist Karl Schwayer. Der Weinexperte zeigte uns die Kellergasse „Maulavern“ in Zellerndorf, führte uns in alte Weinkeller, erklärte uns, wie die Weinherstellung früher funktioniert hat und begeisterte uns mit wunderbaren An- und Aussichten in einer der schönsten Kellergassen des Weinviertels. Danach ging es zum typischen Heurigenessen samt Weinverkostung in das Lokal unseres Kellergassenführers.
Weiter geht’s...
Zu Besuch bei einer wirklich feinen handwerklichen Fleischerei, der Firma Scheiterer in Enzersfeld. © Johannes Rottensteiner
Der zweite Tag im Telegrammstil: Richtung Hollabrunn+++Ernstbrunn+++Fleischerei Scheiterer in Enzersfeld+++Horvaths Spezereyenkontor in Deutsch Wagram+++Orth an der Donau+++Marchegg+++Denkmal der Schlacht zu Dürnkrut+++Mittagessen am Fischteich in Nexing+++Leiser Berge – Buschberg samt Gipfelkreuz+++Mailberg+++Retz.
Als ersten Programmpunkt steuerten wir eine der besten Fleischereien des Weinviertels ansteuerten. Die Familie Scheiterer betreibt in Enzersfeld bei Hagenbrunn einen handwerklichen Betrieb, der von der Schlachtung bis zum fertigen Produkt noch alles im eigenen Haus erledigt. Die beiden Josefs, der Senior und der Junior freuten sich über den kollegialen Besuch, immerhin waren doch rund ein Drittel der Teilnehmer Fleischermeister. Gestärkt mit Leberkäse, Kümmelbraten und Punschkrapferln, ja auch die gibt es bei den Scheiterers, hatten wir wieder die Kraft, den Tag zu meistern und vor allem den nächsten Programmpunkt: Horvaths Spezereyenkontor. In diesem handwerklichen Betrieb werden vor allem Spirituosen hergestellt. Unter anderem 2,5 Millionen Liter! Wodka für den Export. Aber auch original österreichischen Erdäpfel-Wodka. Das Hauptinteresse galt aber unbestritten den köstlichen Likörspezialitäten und den edlen Schnäpsen des Hauses, deren internationale Auszeichnungen beredtes Zeugnis für die Qualität der flüssigen Schmankerln der Familie Horvath sind. Die Verkostung selber beschränkte sich auf ein flüchtiges Nippen, mehr ist nicht drinnen, wenn man mit dem Motorrad reist.
Der zweite Tag bot den Teilnehmern „Weinviertel pur“, jene herrlichen, sanft hügeligen Landschaften, die vor allem wenn das Korn kurz vor der Ernte steht, in Österreich unvergleichlich sind. Das Schlachtfeld von Dürnkrut bescherte der Gruppe einen historischen Höhepunkt, immerhin fand an diesem Ort im Jahr 1278 die, laut Historikern, zweitgrößte Ritterschlacht des Mittelalters statt. Rudolf I. von Habsburg besiegte an einem schicksalshaften Tag im August den Böhmenkönig Ottokar vernichtend und etablierte die Habsburger als Herrscherhaus.
So schlank wie Ruth Weber muss man sein, wenn man in eines der großen Weinfässer im Retzer Weinkeller kriechen möchte. © Johannes Rottensteiner
Der Abend bot uns vor dem ersehnten Abendessen noch ein besonderes Schmankerl: die letzte noch intakte Windmühle Österreichs. Diese steht am Rand von Retz und ist noch voll funktionstüchtig. Der Retzer Stadtbäcker stellt aus dem in der Windmühle gemahlenen Korn ein spezielles Brot her.
Das war’s dann auch schon wieder – Tag 3
Auf süßen Pfaden wanderten die Genussmotorradfahrer bei der Bäckerei und Konditorei Stoiber in Laa. © Johannes Rottensteiner
Der dritte Tag im Telegrammstil: Laa an der Thaya – Konditorei Stoiber+++Herrnbaumgarten – Nonseum+++Richtung Bernhardsthal+++Schrattenberg+++Valtice – Mittagessen bei Rychta+++Mikulov+++Znaim+++Retz.
Süßer konnte der Abschlusstag nicht beginnen. Wir besuchten die Bäckerei/Konditorei Stoiber in Laa, um in die Geheimnisse der Eisproduktion eingeweiht zu werden. Vater und Sohn Christian Stoiber ließen es sich nicht nehmen alles Fragen der neugierigen Biker zu beantworten, das Naschen am frischen Eis bescherte uns einen unvergleichlichen Start in den Tag. Die gute Laune nahmen wir gleich zu unserem zweiten Besuchstermin des Tages mit, dem Nonseum. Wie der Name schon sagt, ein Museum, das sich dem Nonsens verschrieben hat. Betrieben vom „Verein zur Verwertung von Gedankenüberschüssen“ öffnet sich an diesem Ort für alle humoristischen Zeitgenossen ein wahres Eldorado des köstlichen Unsinns.
Gestärkt mit den Sakramenten des Humors hieß es wieder „on the road again“. Noch einmal Richtung March, machten wir dem landwirtschaftlichen Betrieb unseres Mitfahrers Rudi Nagl die Aufwartung, der uns an einigen seiner köstlichen Schnäpse und hausgemachten Schmankerln nippen bzw. kosten ließ, nicht mehr. Schließlich hatten wir die Plätze für das Mittagessen auf der anderen Seite der Grenze in Valtice reserviert. Beim Restaurant Rychta konnten wir uns von den Vorzügen der böhmischen Küche überzeugen.
Hitzebedingt wollte die Gruppe dann eher zeitig nach Hause kommen, weshalb weitere Stopps ausblieben. So ging es über Mikulov, die Pollauer Berge Richtung Znaim und wieder nach Retz, so dass noch Zeit für den Wellnessbereich im Althof Retz blieb.
Der Abend stand dann ganz im Zeichen der Führung im größten Weinkellers Österreichs, dem Retzer Weinkeller, der mit seinen mehr als 20 Kilometern Gesamtlänge ein faszinierendes Bauwerk im Meeressand darstellt, das bis zu drei Geschosse aufweist. Die anschließende Weinverkostung rundete ein Tourprogramm ab, dass bei allen Teilnehmern auf ungeteilte Begeisterung stieß.
An den drei Tourtagen hatten wir fast 1.000 Kilometer zurückgelegt, inklusive gemeinsamer Anreise einiger Teilnehmer rund 1.500 Kilometer. Für die Weitestgereisten kein Thema, die addierten noch einmal 1.000 Kilometer.