Wenn Sie es nicht wussten, sind Sie in den deutschsprachigen Ländern leider in bester Gesellschaft. Nur sehr wenige Sommeliers, Fachhändler oder Journalisten kennen sich mit Portwein aus. Doch woran liegt das? Meine Großeltern haben immer Portwein getrunken – meine Eltern nicht mehr. Ein Blick in die Handelszahlen zeigt, dass in Deutschland, Österreich und der Schweiz Anfang des 20. Jahrhunderts ein ähnlicher Umgang mit Portwein herrschte wie heute in den skandinavischen oder den Benelux-Ländern. Ein möglicher Grund sind das hierzulande stark verstaubte Image des Portweins und die generellen Probleme, die gerade die Deutschen mit Traditionen haben. Ein weiterer Grund ist aber, dass selbst die deutschsprachigen Profis Schwierigkeiten beim Grundvokabular und beim Umgang mit Portwein haben und wenig ansprechende Fachliteratur existiert.
Was unterscheidet Portwein von „normalen“ Rotweinen?
Die Trauben für den Portwein werden nur im Norden von Portugal, in einem ca. 150 km östlich von Porto bis zur spanischen Grenze reichenden Gebiet entlang des Flusses Douro (das Douro-Tal) angebaut. In diesem Gebiet werden allerdings auch hervorragende Rotweine, die sogenannten Douro DOC-Weine, hergestellt.
Der Unterschied zum Weiß- und Rotwein entsteht hauptsächlich während des Gärprozesses. Die hochwertigen Portweine werden meist in Granitbecken (auf Portugiesisch „lagar“) mit den Füßen oder in Edelstahlbecken automatisch gepresst (sog. „robotic lagar“). Zu einem vom Önologen sorgfältig ausgewählten Zeitpunkt wird reiner, nahezu geschmacksneutraler Branntwein mit 77 %Vol. zugefügt. Diese Zugabe des Branntweins tötet die Gärhefen und bewirkt die Unterbrechung der Gärung. Hierdurch wird der Gesamt alkoholgehalt auf 19 bis 22 % angehoben und es verbleibt ebenfalls ein Anteil Restzucker im Wein, sodass Portwein tendenziell süßer ist als Rotwein.
Wann und warum überhaupt?
Portwein steht selten in Konkurrenz zum nichtverstärkten Wein, sondern ergänzt diesen perfekt. So kommt der Port klassisch zum Einsatz, wenn Champagner, Weiß- und Rotweine bereits ausgetrunken sind: beim Dessert. Im Rahmen des Food Pairing kann man Portweine hervorragend im Nachtisch-Bereich einsetzen. Port lässt sich perfekt zu schokoladehaltigen, fruchtigen, aber auch klassisch käsebetonten Nachspeisen einsetzen.
Christian Seely, Direktor der Quinta do Noval, ist der Ansicht, dass „junge Vintage Ports zu dunklen Schokoladen hervorragend passen“, wobei die Regel „the darker, the better“ gilt. Dirk Niepoort hat sich dieses Themas konkret angenommen und Schokoladen hergestellt, die auf verschiedene (Niepoort-)Ports abgestimmt sind. Er hat mit dem belgischen Schokoladen-Hersteller Luxury Belgian Chocolate eine 76%ige Schokolade entwickelt, die nach seinen Angaben perfekt zu seinem Late Bottled Vintage Port, zum Junior Tinto oder zu seiner neuesten Kreation im Ruby-Bereich, dem Fabelhaft „Max“, passt.
Trends
Um im Luxus-Segment mitzumischen, hat die Fladgate Partnership als Erste den Scion hergestellt. Hierbei handelt es sich um einen sehr alten, aus dem 19. Jahrhundert stammenden Tawny Port, der in handgefertigten Karaffen abgefüllt wurde (www. fernandoswinehouse.pt, € 2.400,–). Auch die Firmen Niepoort (Niepoort VV, bei www. ps-wein.de für € 1.690,–), Quinta do Vallado (Tributa, www.weinpalais.com, € 3.094,–), Wine & Soul (5G, www.garrafeiranacional.com, € 1.199,–) und Grahams Ne Oublie (www.portwine.ch, CHF 6.900,– ) mischen in diesem Markt erfolgreich mit.
Ein weiterer Trend sind ältere White Ports. Diese werden ausschließlich aus weißen Trauben hergestellt und – ähnlich den Tawny Ports – in 550-Liter-Fässern gelagert. Obwohl sie sich sensorisch und farblich über die Jahre und Jahrzehnte den Tawny Ports annähern, besitzen alte White Ports immer eine elegantere Stilistik. Perfekte Beispiele hierfür sind der Feuerheerd White Colheita 2004, der Burmester 20 Years Old White Port oder der Krohn White Colheita 1964. Aber auch gereifte Vintage Ports sind immer noch relativ günstig zu haben. So kann man beispielsweise einen Vintage Port aus dem legendären Jahrgang 1945 je nach Hersteller auf Auktionen noch für ca. 300 bis 600 Euro erwerben. Nur die Quinta do Noval sprengt mit dem Vintage Nacional diesen Preisrahmen deutlich, wenn er produziert wird. Da dieser mit rund 250 Kisten nur in homöopathischen Dosen hergestellt wird, ist er sofort vergriffen und steigert seinen Preis direkt nach Markteinführung um das Dreifache. Nacional wird – wie die Vintage Ports generell – nicht jedes Jahr hergestellt. Die letzten Nacional-Jahrgänge waren 2011, 2004, 2003 und 2000.
Auch wurde im Jahr 2015 erstmalig eine Gemeinschaftsproduktion Vintage Port abgefüllt, der O-PORT-UNIDADE Vintage Port 2013. Hier haben sich 25 Hersteller zusammengetan und aus ihren Trauben einen Port Diewein hergestellt. Der Erlös geht an bagosdouro.com, eine Organisation, die sich um Kinder und Jugendliche aus dem Douro-Tal kümmert.
Fazit
Wer von sich behauptet, globales Wissen zum Thema „Wein“ zu besitzen, kommt um den Portwein nicht herum. So sind die hochwertigen Portweine nicht nur ein Jahrhundert und länger haltbar, sie besitzen durch ihre Reife auch eine unglaubliche Aromenvielfalt und atemberaubende Intensität. Im mittleren Preisniveau bietet Portwein ein ansprechendes Preis-Leistungs-Verhältnis. So lässt sich ein durchschnittlicher Late Bottled Vintage Port für € 16,– bis 25,– erwerben. Ein Port, den ich jedem Einsteiger sehr empfehle.
Dos and Don’ts
Wie soll sich Portwein hierzulande etablieren, wenn er selbst in der gehobenen Gastronomie nicht fachgerecht präsentiert wird und oftmals auch Multiplikatoren wenig Kenntnis über Portwein haben? Selten sieht man einen jungen oder gar gereiften Vintage Port oder einen hochqualitativen Tawny auf der oft so umfangreichen Weinkarte, und noch seltener wird hochwertiger Port glasweise angeboten. Die häufigsten Fehler im Umgang mit Portwein:
Behandeln Sie Portwein wie Rotwein und nicht wie eine Spirituose
Ein Rotwein verliert je nach Alter mit zunehmender Zeit an der Luft sein Volumen und seine Frucht. Portwein auch! Zwar können die schon oxidativ gelagerten Tawnies über längere Zeit sehr gut schmecken, jedoch werden auch diese nicht besser. Die Rubies genießen Sie bitte innerhalb einer Woche und gereifte Vintage Ports sind je nach Alter – wie die großen Rotweine dieser Welt – selten mehr als einen Tag in Bestform. Tawny Ports verbrauchen Sie bitte innerhalb eines Monats. Alte Vintage Ports trinken Sie bitte am gleichen Abend aus, was aufgrund der Qualität des Weins kein Problem darstellen sollte.
Kein Portwein bei Zimmertemperatur!
Betrachten Sie die Ruby Ports temperaturtechnisch wie Rotwein mit 20 %Vol. Alkohol. Das hat zur Folge, dass eine erhöhte Temperatur den Alkohol noch stärker als bei Rotwein in den Vordergrund treten lässt. Da leider immer noch viele Ports in der Spirituosenabteilung der Bars und Restaurants stehen, werden Sie bei der üblichen Zimmertemperatur von 22 und mehr Grad ausgeschenkt. Dadurch schmecken Late Bottled Vintage Ports und sogar Vintage Ports alkoholisch und eindimensional, auch die Tawnies wirken eher flach. Sollten Sie die Ports bei Zimmertemperatur lagern, stellen Sie diese für eine gewisse Zeit in den Kühlschrank: Rubies eine Stunde (16 Grad), Tawnies zwei Stunden (14 Grad). White und Rose Ports nehmen Sie bitte direkt aus dem Kühlschrank bei 8 Grad.
Die ausgeschenkten Ports sind Standardqualitäten
Bieten Sie Ihren Freunden noch einen Standard-Whisky ohne Altersangabe an? Warum wollen Sie Ihnen dann einen Standard-Portwein anbieten? Die mittleren Qualitäten, ein LBV oder 10 Years Old Tawny Port kosten mit ca. 20 Euro zwar mehr, jedoch sollte Ihnen die zusätzliche Qualität diese Ausgabe wert sein.
Portwein wird in beliebigen Gläsern serviert
Überprüfen Sie sich jetzt einmal selbst. Obwohl wir für alle Arten Rot- und Weißwein, Sauternes und Whiskey passende Gläser bereithalten, findet man selten reine Portweingläser. Wichtig ist die Wahl einer neuen Glasform schon deshalb, um dem Gast mitzuteilen, dass kein normaler Wein ausgeschenkt wird. Da Portwein mit 20 %Vol. Alkohol stärker ist als Rotwein, sollte man dies neben den sensorischen Änderungen auch optisch kommunizieren. Meine Empfehlungen sind das Glas Vintage Port aus der Sommeliers-Serie von Riedel (4400/60) oder das günstigere „Álvaro Siza“-Portwein-Glas von Schott. Wenn Sie kein Portwein-Glas zur Hand haben, verwenden Sie bitte ein Weißwein-Glas.