Bioweinbau for future: Bühne frei für Bioweine

Ein Artikel von Redaktion, D. Dejnega | 14.04.2020 - 11:12
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© Conny Pokorny/Shutterstock

Die Landwirtschaft wird ihren Beitrag zur Erhaltung des menschlichen Lebensraums leisten müssen. Dabei helfen der biologische und der biodynamische Anbau. Bioweinbau for future.

Biologisch und biodynamisch erzeugte Weine zählen seit Jahren zu den besten Weinen Österreichs. So haben sie es eigentlich gar nicht nötig, bei einem Wettbewerb „im eigenen Saft“, sprich „nur im Bio-Milieu“, verkostet zu werden, da sie auch im Vergleich mit allen anderen Weinen mehr als bestehen können. Macht eine Bioweinverkostung also weiterhin Sinn? Ja, macht sie, denn gerade jetzt muss man dem Bioweinbau eine möglichst große Bühne bieten, um das Thema im Bewusstsein der Weinfreunde zu verankern und Bio auf dem Markt weiter zu stärken. Also sagte ich zu – und habe es nicht bereut.

Auf Top-Niveau

Denn eines vorneweg: Diese Verkostung für das GENUSS.Magazin 01-2020 bescherte große Freude und das hohe Qualitätsniveau der Weine begeisterte die Jury. Mit „5 Gläsern“ (95 Punkten) wurde der Gemischte Satz Buchertberg Weiß 2017 vom Herrenhof Lamprecht ausgezeichnet. Ein Drittel von 120 verkosteten Weinen erhielt die Bewertung „4 Gläser“ (90 bis 94 Punkte), und mehr als die Hälfte erreichte „3 Gläser“ (85 bis 89 Punkte) – zusammen über 83 Prozent, ein absolutes Rekordergebnis für unser gestrenges Verkostungsteam.

Im Jahr 2000 gab es in Österreich gerade mal 800 Hektar Bioweingärten. Trotz schwacher Bio-Lobby verlief die Ausweitung dank engagierter Winzer erstaunlich schnell und im Jahr 2018 betrug die zertifizierte Biorebfläche bereits 6.000 Hektar, immerhin 14,2 Prozent der Gesamtrebfläche und Tendenz weiter steigend. Damit ist Österreich im internationalen Vergleich immer noch top, obwohl der Biozuwachs in den großen Weinbauländern Spanien, Frankreich und Italien aktuell stärker ist.

Veränderungen im Weinbau

Für den Weinbau bringt das immer wärmere Klima generell eine frühere (Zucker-)Reife, woraus eine (zu) niedrige Säure bei (zu) hohem Alkoholgehalt folgt. Fehlt es sodann bei verfrühter Ernte der Trauben an physiologischer Reife, entstehen nicht nur Aromaverluste, sondern auch unreife Säuren und wenig angenehme grüne Gerbstoffe.

Bald werden Weinbauflächen – wo es möglich ist – in die Höhe oder auf nördlich ausgerichtete Hänge weichen. An ein wärmeres Klima angepasste Rebsorten, robuste PIWI-Sorten oder auch lockerbeerigere Klone bestehender Sorten werden verstärkt ausgepflanzt werden. Antworten auf diese Herausforderungen können auch der Bioweinbau und speziell die Biodynamie bieten. Ein biodynamisch bewirtschafteter Weinberg bringt tendenziell kleinere und dickschaligere, einfach widerstandsfähige Trauben hervor, die ihre physiologische Reife früher erreichen. Sie können bei besserem Säuregehalt und weniger Alkoholpotenzial früher geerntet werden – und Weinfreunde erfreuen sich weiterhin an balancierten Weinen mit Frische und Trinkfluss.

Leben im Weingarten

Im biologischen Weinbau wird auf chemisch-synthetische Spritz- und Düngemittel verzichtet. Die Förderung von Biodiversität, Bodenleben und Humusbildung sowie die Begrünung der Rebgassen sind dabei selbstverständlich. Der biologisch-dynamische Weinbau verfolgt einen deutlich weiter gehenden, ganzheitlichen Ansatz, welcher die Philosophie des Anthroposophen Rudolf Steiner zeitgemäß interpretiert und soweit möglich der Idee eines geschlossenen Betriebskreislaufes folgt. Ein lebendiger Boden und die Vitalität des Weingartens stehen besonders im Fokus. Die Düngung erfolgt mit biodynamischen Komposten und die biodynamischen Präparate Hornmist sowie Hornkiesel werden zur Harmonisierung des Systems Boden-Rebe-Umfeld in starker Verdünnung im Weingarten ausgebracht. Wesentlich sind auch die Beachtung kosmischer Rhythmen und strenge Richtlinien im Keller – für möglichst authentische und lebendige Weine.

Naturwein inklusive

Natural Wines haben sich in einer kleinen, aber feinen Nische etabliert. Eine biodynamische oder zumindest biologische Herangehensweise gilt als Grundvoraussetzung. Im Keller werden Naturweine nach dem Prinzip der „Low Intervention“ hergestellt. Es gibt sie in allen Farben – weiß, rosé, rot und orange, mit oder ohne Hefetrübung. Die Winzer arbeiten im Keller minimalistisch, geben den Weinen Zeit, setzen keine Filtration und möglichst wenig bis gar keinen Schwefel ein.

Immer noch gibt es Diskussionen in der Branche, da Natural Wines oft vom gewohnten Geschmacksbild abweichen – vor allem wenn es sich um maischevergorene Weißweine (Orange Wines) und alternativen Ausbau – in Amphoren oder Betoneiern – handelt. Dennoch gibt es immer mehr Weinfreunde, die vom Mainstream gelangweilt sind und auf der Suche nach mehr Individualität in eine völlig andere Geschmackswelt eintauchen und zu Fans von Naturwein werden.

GENUSS.Info

Organisch-biologischer Weinbau: Die österreichische zertifizierte Bioweinbaufläche stieg innerhalb eines Jahrzehnts von 2.770 Hektar (2008) auf 6.001 Hektar (Grüner Bericht 2018). Das entspricht 14,2 Prozent der Gesamtrebfläche des Landes.
Biologisch-dynamischer Weinbau:
Etwa ein Zehntel der österreichischen Biorebfläche wird biodynamisch bearbeitet. Hier geht man einen großen Schritt weiter als im Bioanbau. Im Zentrum stehen ein lebendiger Boden, Ganzheitlichkeit, ein geschlossener Kreislauf nach Rudolf Steiner, der Einsatz biodynamischer Komposte sowie biodynamischer Präparate – Hornmist (500) und Hornkiesel (501), die Beachtung kosmischer Rhythmen und strenge Keller-Richtlinien. „Demeter“ und „respekt-biodyn“ heißen die biodynamischen Verbände.
Naturwein Natural Wine, Vin naturel, Raw Wine:
Biologisch oder biodynamisch erzeugte Weine – mit möglichst wenigen Eingriffen im Keller, unfiltriert, mit geringem Schwefelgehalt.
Orangewine:
Weißwein, der wie Rotwein auf den Schalen (gerebelt oder ganze Trauben) vergoren wird. Die Mazeration sorgt für Farbe und Tanningehalt. der Maischekontakt dauert wenige Tage bis viele Monate.
Veganer Wein:
Immer mehr Weine sind als vegan gekennzeichnet. Nicht-vegane Weine enthalten tierische Stoffe, wenn sie beispielsweise zur Klärung/Schönung mit Gelatine, Hühnereiweiß et cetera behandelt wurden. Alternativen mit pflanzlichem Ursprung gibt es.
Ungeschwefelter Wein:
Schwefelfreie Weine gibt es nicht, da Hefen geringe Mengen an Schwefel als Nebenprodukt der Gärung erzeugen. Verzichtet der Winzer auf das Schwefeln, lautet die Angabe „ohne Schwefelzugabe“ oder „kein zugesetzter Schwefel“.
Amphorenwein:
Älteste Art der Weinherstellung. Die ­großen georgischen Amphoren (Tongefäße) heißen „Qvevri“ oder „Kvevri“ und werden in der Erde vergraben. Kleinere Amphoren aus Spanien oder Griechenland nutzt man auch freistehend.
Pet Nat:
Beim prickelnden Pet Nat (Pétillant Naturel) findet nur eine einzige Gärung statt, da der frische „Sturm“ in Flaschen gefüllt wird und darin zu Ende gärt (Méthode Ancestrale oder Méthode Rurale genannt). So entsteht vom geschmacklichen Mainstream abweichender Schaumwein oder Perlwein mit mehr oder weniger Hefetrübung.