Sage und schreibe 52 Kochbücher. Dazu kommen 94 Bücher, die mit Kochen und Lebensmitteln zu tun haben. Das hat eine kürzlich vorgenommene Inventur meiner Bücherregale ergeben. Zu Weihnachten bekomme ich meist Dinge wie Schmortöpfe, Plattengrills oder Küchenmaschinen geschenkt. Jede Reise in ein anderes Land wird mit einem Kochkurs der hiesigen Spezialitäten verbunden. Und es gibt für mich nichts Schöneres, als in einen auf den ersten Blick leeren Kühlschrank zu blicken und daraus ein Festmahl zu zaubern. Finden Sie sich in dieser Beschreibung wieder? Dann sind auch Sie ein leidenschaftlicher Hobbykoch.
Liebe geht durch den Magen
Ein gemeinsames Hobby ist immens wichtig in einer Partnerschaft. Gemeinsam kochen – so wird es uns zumindest im Film suggeriert – macht Spaß und ist irrsinnig leidenschaftlich. Es soll allerdings schon vorgekommen sein, dass sich hobbykochende Paare über die Zubereitung einer Gazpacho dermaßen in die Haare gekriegt haben, dass die nächsten zwei Stunden Funkstille herrschte. Gut, wenn das Gericht ohnehin kalt gegessen werden soll ... (Ich bin übrigens immer noch der Meinung, dass mein Rezept das Richtige ist ...)
Manche Paare kochen aber sehr gut und harmonisch gemeinsam. Nina und Robert beispielsweise, beide Anfang 30, sind berühmt für ihre Dinner-Einladungen. Vom Aperitif am Marmorstehtisch samt hausgemachter Antipasti- Platte geht es später an den reich gedeckten Tisch samt mehrgängigem Menü und Weinbegleitung. Nach dem fulminanten Dessert öffnet Robert schließlich seine Hausbar und kredenzt die verschiedensten Gins zu den jeweils passenden Tonics. Weil Kulinarik-begeisterte Menschen meist Kulinarikbegeisterte Freunde haben, wird auch gerne einmal „Das perfekte Dinner“ nachgespielt – Nachahmung wärmstens empfohlen! Die Spielregeln sind durch die Fernsehsendung ja hinlänglich bekannt – nur dass hier paarweise gekocht wird und man den jeweiligen Partner zugelost bekommt. Ein allzu eingespieltes Team wäre ja langweilig. Auch wenn das Ergebnis manchmal für sich spricht. Wie bei Anna und Simon. Simon ist Ende 20, Logopäde und hat die Gabe, aus einer kleinen, unscheinbaren Küche Menüfolgen zu zaubern, die andere Hobbyköche vor Neid erblassen lassen. Nicht nur, weil alles grandios schmeckt, sondern weil man einem Mann ein derartiges Feingefühl für kreatives Anrichten – bevorzugt in kleinen Weck- Gläsern und mit Blümchendekoration – nicht wirklich zutraut. Nur die Küche droht zwischendurch einmal zum Schlachtfeld auszuarten – typisch Mann – wäre da nicht seine gute Seele Anna, die zwischendurch unauffällig für sauberes Geschirr sorgt.
Generation Web.Koch
Synonym für eine neue Generation an Hobbyköchen ist Fabian, Student der Wirtschaftswissenschaften. Er hat zwar ganz klassisch mit der Oma das erste Mal Weihnachtskekserl gebacken und in seiner Jugend das eine oder andere Rezept ausprobiert. Youtube und Konsorten hoben diese erste Begeisterung jedoch auf ein ganz neues Level. „Hier wird die Zubereitung jeder x-beliebigen Speise in Bild und Ton zur Verfügung gestellt – man wird einfach zum Nachkochen angeregt“, so Fabian, „zusätzlich stehen einem durch das Internet alle Möglichkeiten offen, eigene Ideen weiter zu entwickeln.“ Erlernte Tipps und Tricks gibt er auch gerne an seinen Vater Oliver, Versicherungsmakler, weiter. Der nimmt diese auch gerne an – wenn er sich durch den Sohnemann nicht allzu sehr kritisiert fühlt. Der nächste Punkt auf Fabians Projekt-Liste ist ein selbst gebauter Smoker aus einer Stahltonne und einer Einzelkochplatte. Der könnte seinem bisherigen Lieblingsküchengerät, dem Kugelgrill, vielleicht den Rang ablaufen. Niemals verzichten könnte Fabian allerdings auf sein Lieblingszutat: „Sauerrahm macht einfach alles besser.“Für weniger ambitionierte Hobbyköche tummeln sich im Internet zahlreiche Anbieter von Kochboxen. Zielgruppe sind Menschen die zwar gerne kochen, aber wenig Zeit haben, sich um Einkauf und Planung zu kümmern. Die angebotenen Rezepte werden vorab veröffentlicht, die Box mit den Zutaten zuverlässig bis zur Haustür geliefert, wo sie nach genauer Anleitung auch von nicht ganz so versierten Köchen in einer halben Stunde zubereitet werden können. Klingt zwar ein bisschen wie „Malen nach Zahlen“, ist aber gerade für Einsteiger die perfekte Möglichkeit, in abgesichertem Modus auszuprobieren, was sich außer „Nudeln mit Sauce“ sonst noch schnell und schmackha zubereiten lässt.
Tägliches Erfolgserlebnis
Kochen ist in. Doch warum? Haben Fernsehköche wie Jamie Oliver, Tim Mälzer & Co tatsächlich so viele Menschen von der Couch hinter den Herd bewegt? Für Zerstreuung und Amüsement ist in der heutigen Gesellschaft eigentlich ausreichend gesorgt. Wieso rühren wir trotzdem lieber in Kochtöpfen? Machen, was die Generationen vor uns noch als Arbeit betrachteten? Vielleicht fehlt uns Hobbyköchen, die wir ja doch meist den lieben langen Tag in einen Computer starren und deren Beruf das Denken ist, etwas selbst herzustellen. Um es mit Frau Ziiis Worten zu sagen: „Das Schaffen an sich ist es, was mich am Kochen zutiefst befriedigt und ich mag es mit meinen Händen Arbeit zu verrichten. Ein gelungenes Essen vor mir zu sehen, zu riechen und zu schmecken, erfüllt mich jedesmal wieder mit Freude und Stolz. Es ist eine Art tägliches Erfolgserlebnis.“ Und die meisten Hobbyköche essen auch einfach gern.
Food-Blogs auf dem Vormarsch
Weniger Hobbykoch als Semi-Profi scheint die immer größer werdende Anzahl an Food-Bloggern zu sein. Mit kreativen Rezepten, kulinarische Tipps, einer amikalen Schreibe und nicht zuletzt professionellen Fotos bewegen sie ihre Follower zur Nachahmung.