Doch wird ihr – zumindest hierzulande – mittlerweile viel zu wenig Beachtung geschenkt. Das war zur Hochblüte der Wiener Rindfleischküche in der Mitte des 19. Jahrhunderts noch anders und auch in vielen Nachbarstaaten wie beispielsweise Tschechien und Deutschland erfreut sie sich ungebrochener Beliebtheit.
Zu besonderen Ehren gelangt die Rinderbrust allerdings in den USA, wo sie Bestandteil vieler weltberühmter Spezialitäten ist, wie zum Beispiel dem New Yorker Pastrami (einer Variante des Corned Beef, das seinen Ursprung in Ostpreußen hat) oder dem BBQ, bei dem die „Smoked beef brisket“ als ein Teil der sogenannten „Holy trinity BBQ“ zu den drei wichtigsten Rezepten überhaupt gehört und somit fixer Bestandteil eines jeden BBQ-Wettbewerbs ist. In der Wiener Küche findet man ab und zu noch Teile der Rinderbrust im Rindfleischtopf, meist unter Bezeichnungen wie „Kügerl“ oder „Brustkern“. In Italien schätzt man das besonders saftige Stück Fleisch ebenfalls in gekochter beziehungsweise gesottener Variante und serviert es in regionalen Spezialitäten wie dem Bollito di manzo – allerdings wird in Italien das Fleisch zumeist nicht in „Suppe“ gekocht oder gesotten, sondern mit wenig ungesalzenem Wasser stundenlang in großen Töpfen eher gedämpft als gekocht.
Vielfältige Verwendung
In Deutschland wird die Rinderbrust nach wie vor gerne und vielfältig verwendet – als Suppenfleisch genauso wie als Braten, Rollbraten oder Pökelfleisch. Besonderes Augenmerk wird der gepökelten Rinderbrust geschenkt, denn diese einstige Leibspeise der Seefahrer seit der Hansezeit sorgte nicht nur dafür, dass die Seefahrer der Hanse nie an Skorbut litten, sondern war auch Vorläufer des heutigen Corned Beef – das ursprünglich nur eingesalzene Fleisch (heute noch in England als sogenanntes „Salted Beef“ beliebt, aber auch in Brasilien als „Carne-del-Sol“ gern gesehen) wird für Corned Beef mit Gewürzen angereichert und dann zu lang haltenden Konserven eingekocht. Erfunden wurde das gepökelte Rindfleisch in der Region des heutigen Danzig und bildete – zusammen mit dem Salzhering – eine der wichtigsten Handelswaren der Hanse. Welche Bedeutung dieses Fleisch für die Seefahrer hatte, lässt sich an der ungebrochenen Beliebtheit des sogenannten Labskaus erkennen – einem Gericht, das aus gepökeltem Rindfleisch (ursprünglich nur Brust und Bauch), Erdäpfeln, Zwiebeln und Gewürzen besteht, die zusammen stundenlang gekocht werden, bis eine breiartige Masse im Topf ist, die dann – je nach Rezept und Region – mit Salzgurken, Roten Rüben und/oder Spiegelei genossen wird. Heringe, wie in modernen Rezepten oftmals angegeben, waren nie Bestandteil des Labskaus – die Seefahrer hatten im wahrsten Sinne des Wortes die Nase voll von ihnen.
Aber auch dem überaus saftigen Braten von der Rinderbrust wird viel zu wenig Bedeutung geschenkt. Und er wird allzu oft falsch zubereitet. Am besten eignet sich der ausgebeinte Brustkern dafür, der aus dem großen Pectoralis-Muskel („flat“ im Englischen genannt) und dem kleinen Pectoralis-Muskel (im Englischen „point“ genannt) besteht. Beide Muskeln werden von der typischen Fettschicht (dem sogenannten „fatcap“) voneinander getrennt, der kleinere Muskel ist jener, der oben auf der Fettschicht drauf sitzt. Diese Fettschicht wird nicht entfernt, denn sie gibt Geschmack und Saftigkeit, allerdings darf man – wenn die gesamte Brust zu viel sein sollte – den Brustkern teilen, entweder man nimmt den kleinen Muskel herunter, oder man schneidet die Brust kurz hinter diesem Muskel durch, was die bessere Methode ist, denn dann durchzieht eine Fettschicht das vordere Stück. Dieser Braten schmeckt wunderbar, wenn man ihn nur kurz in kochendem Salzwasser blanchiert und anschließend mit wenig Flüssigkeit bei Niedertemperatur stundenlang im Ofen schmoren lässt. Dazu fleur de sel, frischen Kren, Cornichons, Senf und ofenfrisches Baguette – ein unvergleichlicher Fleischgenuss. Oder man serviert das Fleisch in einer eleganteren Form, wie der berühmten „Ochsenbrust in Krensauce“, einem Klassiker der altösterreichischen Küche, der heute fast nur mehr in der badischen Küche zu finden ist.
GENUSS.Tipp
Das Rezept für die berühmte "Ochsenbrust in Krensauce" finden Sie hier zum Nachkochen!