In Zeiten wie diesen gönnt man sich gerne etwas Besonderes. In der Verkostung hat sich herauskristallisiert, dass die bekannten Faktoren Säure, Restzucker und Gerbstoff wichtig für die Reife sind, dass aber auch der jeweilige Jahrgang und Boden ausschlaggebend sind. Wirklich spannend wird es im Bereich Speisenbegleitung und wir schließen uns unseren Trophysiegern an, wenn auch wir uns mehr gereifte Weine in der Gastronomie wünschen.
Gönnen Sie sich den guten Wein, der vielleicht schon einige Jahre in Ihrem Weinkeller ruht und trauen Sie sich über gereifte Weine, es wird spannend, versprochen!
Die GENUSS.Trophy-Sieger & Besten der Besten
Trophysieger weiß: Weingut Josef Fritz, Zaußenberg, Wagram
96 P. | 2008 Roter Veltliner Ried Steinberg | € 17,–
Weingut Lukas Markowitsch, Göttlesbrunn, Carnuntum
Trophysieger rot: 96 P. | 2009 Cuvée Lukas Reserve (ME, ZW) | € 50,–
95 P. | 2011 Cabernet Sauvignon Ried Rosenberg | € 18,50
Weingut Alphart, Traiskirchen, Thermenregion
95 P. | 2010 Rotgipfler Rodauner Top Selektion | € 38,–
Weingut Juliusspital Würzburg, Franken (D)
95 P. | 1997 Würzburger Abtsleite Traminer Spätlese | € 35,–
Weingut Muster.Gamlitz, Gamlitz, Südsteiermark
95 P. | 2016 Südsteiermark DAC Sauvignon Blanc Ried Grubthal Privatarchiv | € 75,–
Neun Fragen an die GENUSS.Trophysieger
#1 Information zum Siegerwein: Warum haben Sie genau diesen Wein als gereifte Kostbarkeit ausgewählt?
#2 Der Jahrgang Ihres Siegerweins: Wie war dieses Weinjahr? Woran können Sie sich erinnern? Gibt es auch persönliche Erinnerungen?
#3 Was macht einen gereiften Wein für Sie aus, ab wann ist er gereift für Sie?
#4 Was braucht Wein, um gut reifen zu können, wie sehr kann man als Winzer vorausschauend eingreifen? Wird Wein schon im Hinblick auf eine lange Reifezeit gekeltert?
#5 Was schätzen Sie persönlich an gereiftem Wein?
#6 Weinkenner schätzen gereifte Weine seit jeher. Wie kann man auch interessierten Weingenießern gereiften Wein näherbringen?
#7 Wie wichtig ist gereifter Wein in Österreich und international Ihrer Erfahrung nach? Wird er nachgefragt oder eher vom Konsumenten oder Händler entdeckt?
#8 Welche gereiften Weine trinken Sie selbst gerne? Welche Speisen genießen Sie dazu?
#9 Persönliche Anmerkungen
Trophysieger Weiß: Weingut Josef Fritz, Zaussenberg, Wagram
96 P. | 2008 Roter Veltliner Ried Steinberg | € 17,–
#1 Ich hatte den Wein in bester Erinnerung, obwohl ich ihn selbst schon länger nicht getrunken habe.
#2 2008 war ein Jahrgang mit großer Menge und dennoch sensationeller Qualität, gesunde Trauben wie im Bilderbuch, was schon öfter bei reifen Weinen unter Beweis gestellt wurde! Säure, Extrakt, Alkohol und Restzucker stehen in perfektem Verhältnis. 2008 wurden wir im Keller trotz Handlese und Mengenreduktion im Sommer bei der Lese in Stress gebracht, da die Erntehelfer nur schneiden mussten, es war bei uns fast keine Selektion im Weingarten nötig.
#3 Die Balance zwischen Reifenoten und Lebendigkeit, beides muss vorhanden sein. Für mich zählen Weine ab dem fünften Jahr als gereift.
#4 Extrakt, Säure, Alkohol und Zucker sind die Faktoren, zumindest drei davon müssen im Optimum (nicht im Maximum) sein, damit Reifepotenzial möglich ist.
#5 Ich selbst trinke kaum noch junge Weine, da ich die Ausgewogenheit im Wein brauche und junge Weine, die mir schmecken würden, noch zu unruhig sind.
#6 Bei uns gibts seit Jahren immer ein oder zwei gereifte Weine für jeden Kunden zu probieren, das ganze Jahr hindurch.
#7 Das ist für mich international die Kür, die Pflicht sind Trinkweine, aber man muss noch was drübersetzen können als Winzer.
#8 Ich liebe Rieslinge, Weißburgunder und Roten Veltliner, aber auch Traminer und Grünen Veltliner, wenn sie gereift sind. Fast zu jedem Hauptgang passt gereifter Wein, ob mit Fleisch oder Fisch oder auch mit vegetarischem Essen, die jungen trinke ich vorher.
#9 Es gibt leider immer noch viel zu wenig gute, gereifte Weine in der Gastronomie.
Trophysieger Rot: Weingut Lukas Markowitsch, Göttlesbrunn, Carnuntum
96 P. | 2009 Cuvée Lukas Reserve (ME, ZW) | € 50,–
#1 Cuvée Lukas 2009 ist unsere erste Private Reserve, wir sind davon überzeugt, dass der Wein komplex ist und in der langen Lagerung sein Potenzial perfekt zur Geltung bringt.
#2 Der Jahrgang war ausschlaggebend, dass wir einen Reservewein erzeugten. Es zeichnete sich schon durch die frühe Blüte ab, dass wir eine lange Reifeperiode erwarten konnten. Wir entschieden uns für eine Selektion von drei ausgewählten Weingärten. Die Trauben wurden ab Anfang Oktober zweimal pro Woche gekostet und alle sieben Tage wurde ein Reifetest gemacht. Danach entschieden wir, dass wir den Erntezeitpunkt am 28. Oktober kurz vor Vollmond ansetzen. Die Ernte war zwei Tage nach dem Staatsfeiertag bei strahlendem Wetter. Es wurde die Cuvée Lukas Reserve dieses Mal gleich beim Ernten mit den Trauben zusammengestellt, wir haben uns für Spontanhefe und eine traditionelle offene Vergärung entschieden.
#3 Gereift ist für mich immer der optimale Trinkzeitpunkt, an dem der Wein sein ganzes Potenzial widerspiegelt. „Gute Weine sind immer gut!“ Meistens ist das Potenzial in der Jugend schon sehr gut erkennbar. Gibt man dem Wein Zeit, werden die Aromen noch komplexer und die Tanninqualität feiner und weicher. Zusätzlich bekommt er noch die Reifearomen, die den Wein dann auszeichnen.
#4 Das Lagerpotenzial kommt hauptsächlich vom Weingarten, von niedrigen Erträgen und physiologischem Reifegrad der Traube. Zusätzlich wird es vom Jahrgang und vom Erntezeitpunkt stark beeinflusst.
#5 Wir können auf eine private Vinothek von gereiften Weinen aus drei Generationen zurückgreifen. Den Grundstein haben schon unser Großvater und Vater gelegt, da sie schon ihre Leidenschaft für Süßwein mit uns geteilt haben. Mein Bruder und ich haben die Vinothek mit Weinen von unseren Studienreisen zusätzlich ergänzt. 2021 wird die erste Flasche eines 100 Jahre alten Weins aus dem Sauternes in unserem Hause aufgemacht. Die Freude ist riesengroß.
#6 Das Wichtigste ist, zu wissen, ob man gereiften Wein trinken will. Der größte Fehler ist, eine Kiste Wein zu kaufen und zehn Jahre nicht zu verkosten. Das Interessanteste für mich persönlich ist, dass ich Weine beim Reifen regelmäßig verkoste, um die Entwicklung zu beobachten und den Zeitpunkt zu erahnen, wann die nächste Flasche geöffnet werden sollte. Ich habe auch schon die Erfahrung gemacht, dass nicht jeder Altwein jedem schmeckt. Mit einer Bernsteinfarbe oder Aromatik von Waldboden et cetera können Jungweintrinker nicht viel anfangen.
Ich persönlich trinke eine Flasche lieber ein Jahr zu jung als einen Tag zu spät, denn mir ist schon oft aufgefallen, dass das Weinarchiv bei Sammlern überaltert ist.
#7 Weinliebhaber haben mit den Jahrgängen 1997, 1999 und 2000 bewusst an lagerfähigen Rotwein aus Österreich gedacht. Der Jahrgang 1999 stand in den ersten fünf Jahren im Schatten vom saftig-süßen 2000er. Mit der Zeit wurde er dann auch sicher wegen der leicht höheren Säure und der strahlenden Frucht mehr zum Geheimtipp.
#8 Am meisten öffne ich Weißweine aus unserem Kellerarchiv mit unseren Kunden als Abschluss einer Weinverkostung. Ich habe das große Glück, dass meine beiden Generationen vor mir „die besten Weine aus den besten Jahrgängen“ zwischen 1965 bis 1984 zurückgelegt haben. Bei Rotweinen kann ich ab den Jahrgängen 1986/1989/1992 zurückgreifen. Ab 1995 haben wir alle Jahrgänge fast lückenlos archiviert.
Gereifter Wein oder auch wie ich gerne sage „Vinotheken-Weine“ decken eine große Bandbreite ab. Vom reifen Champagner mit Perlhuhn oder gut gereiftem Rindfleisch zum älteren Bordeaux sowie einem hervorragenden Tokajer zum Dessert. Die Einfachheit der Speisen ist mir wichtig, so wird der Wein hervorgehoben.
#9 Wer den Moment genießt, genießt
Die GENUSS.Kostjury
Verkostungsleiterin: Siegrid Mayer, Diplom Sommelière
VerkosterInnen: Karin Vratny, Diplom Sommelière, Mag. Birgit Kowarik, Weinakademikerin, Andreas Hubmann, gepr. Koster, Weinakademiker i.A., Alexander Lupersböck, GENUSS.Chefredakteur-Stv., Weinakademiker,
Moreno Torti, ASI Diplom Sommelier, Pepe Perez-Ubeda, Weinakademiker
Hier finden Sie alle Informationen zu unserem Verkostungs- und Bewertungssystem.